Das Altstädter Rathaus befindet sich am Altstädter Ring und war ab dem Jahre1338 mit Zustimmung von König Johann von Luxemburg das Zentrum der Selbstständigkeit der Prager Altstadt.
Während der langen Zeit seiner Existenz war das Rathaus Ort vieler bedeutender geschichtlicher Ereignisse. Im Jahre 1458 wählten hier die böhmischen Stände Heinrich von Podiebrad zu ihrem König. Nach der Schlacht am Weissen Berg wurde es zum Gefängnis für die antihabsburger Aufständischen, von denen im Jahre 1621 27 Personen auf dem Platz vor dem Rathaus hingerichtet wurden.
Heute ist diese Stelle mit 27 Kreuzen im Pflaster markiert. Nach dem Zusammenschluss der 4 Prager Stadtteile im Jahre 1784 befand sich hier der Sitz der zusammengelegten Verwaltung der Stadt und das Rathaus wurde mehrmals umgebaut.
Auch die letzten Tage der deutschen Besetzung im Jahre 1945 schrieben sich in die Geschichte des Rathauses ein. Hier befand sich der Sitz des tschechischen Nationalrates und das Rathaus wurde beschossen und in Brand gesteckt. Dabei wurden der Ostflügel und der Nordflügel zerstört und der Turm mit dem Orloj und der Kapelle stark beschädigt. Später wurde der zerstörte Teil des Rathauses repariert und konserviert. Mehrmals wurde danach eine Ausschreibung zum Umbau des Rathauses geplant, aber niemals realisiert.
Aus architektonischer Sicht besteht das Rathaus aus einem Block ehemaliger Kaufmannshäuser verschiedenen Alters, die schrittweise verbunden wurden. Dem Aussehen des Rathauses gaben alle Stilepochen ihren Anteil, man kann also sagen, dass Grundlage romanische Gebäude waren, die in den Untergeschossen erhalten blieben, und auf ihnen befinden sich gotische Bauten, die im Aussen- und Innenbereich erhalten blieben.
Der Zentralbau des Rathauses ist das gotische Eckhaus von Wolflin von Kamene vom Ende des 13. Jahrhunderts mit einem reich verzierten gotischen Portal. Neben ihm befindet sich der grosse viereckige Turm mit einer Höhe von 69,5 m aus dem Jahre 1364, in den später der berühmte Orloj eingebaut wurde. Heute bietet der Turm einen wunderschönen Ausblick und wurde mit einem modernen Aufzug versehen, einer barrierefreien Rampe im Inneren des Turmes. In ihm befindet sich auch eine Kapelle mit einem reich verzierten fünfbögigen Erker aus dem Jahre 1381.
Die Aussenseite des Erkers verzieren Kopien bekannter gotischer Statuen, die sogenannten Altstädter Madonnen. Der Erker selbst gehört dank seiner reichen Verzierung zu den schönsten gotischen Sehenswürdigkeiten aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts bei uns.
Das sogenannte Westhaus ziert ein wunderschönes dreiteiliges Renaissance-Fenster mit der Aufschrift Praga caput regni (Prag Hauptstadt des Königreiches). Hinter dem Fenster befindet sich der Hochzeitssaal, in dem seit dem Jahre 1871 Hochzeitszeremonien im Rauthaus ausgeführt werden. Ein weiteres Haus hat eine Neurenaissance-Fassade und zwei hohe Fenster zum grossen Sitzungssaal.
Weiter folgt das Eckhaus U kohouta und dann das Haus U minuty mit einer Arkade, das aus der Reihe fällt. Es war ursprünglich gotisch, wurde später im Renaissancestil umgebaut und mit figuralen Graphiken verziert, die später unter dem barocken Putz entdeckt wurden.
Die wertvollste Sehenswürdigkeit des Rathauses ist der Ratssaal, der aus der zweiten Hälfte des15. Jahrhunderts stammt. In diesen Verwaltungsraum schreitet man durch ein Renaissance-Marmorportal und es ist hier auch die Renaissance-Balkendecke mit Malereien aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts erhalten geblieben. Die Hochgotik ist hier durch eine wertvolle Plastik des leidenden Christi vertreten. Die Portale über den Türen sind mit den Stadtwappen ausgefüllt und die holzvertäfelten Wände zieren 46 böhmische und 12 städtische Wappen.
Im zweiten Stock befinden sich auch der Heinrichsaal und der Brožíksaal. Der Heinrichsaal ist nach der Büste des Königs Heinrich von Podiebrad benannt. Der Brožíksaal dient als Sitzungssaal und ist nach dem Autor zweier grossformatiger Gemälde von Václav Brožík benannt, die Meister Jan Hus vor dem Konstanzer Konzil und die Wahl Heinrichs von Podiebrad zum böhmischen König zeigen. Modell für die Husiten und andere Figuren standen bekannte Mitbürger aus der Zeit von Brožík.
Das Eingangsvestibül mit dem gotischen Gewölbe verzieren Gemälde von Mikoláš Aleš aus dem Jahre 1909.
Das Altstädter Rathaus gehört zu den nationalen Kulturdenkmälern.
Interessantes:
Im Rathaus befindet sich ein erhaltenes romanisch-gotisches Untergeschoss, das auf einmalige Art die Entwicklung der Prager Altstadt belegt. Denn früher lag der Platz und die umliegenden Strassen um ein paar Meter niedriger als heute.
Zur künstlichen Erhöhung des Bodenniveaus wurde die Stadt wegen der Überschwemmungen gezwungen. Dadurch wurden aus den ursprünglichen Erdgeschossen Untergeschosse. Der älteste Teil des Untergeschosses ist der romanische Saal aus der 2. Hälfte des 12. Jahhunderts. Im Untergeschoss befinden sich auch Brunnen und Zisternen sowie ein ehemaliges Gefängnis. Einige Namen von Gefangenen befinden sich an einem der gotischen Tore.